Umsatzsteuer und freiberufliche Heilpädagogen

Freiberufliche Heilpädagogen werden regelmäßig tätig für Menschen mit psychischen Erkrankungen und/oder Handikaps. Heilpädagogen arbeiten häufig mit Ärzten und Psychotherapeuten zusammen. Auftraggeber und Honorarzahler sind oft Sozialversicherungsträger die dadurch ihre Aufgaben nach dem SGB wahrnehmen. Da Entgelte für Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin nach europäischem und damit auch deutschem Recht von der Umsatzsteuer befreit sind führt diese Zugehörigkeit zu den heilberuflichen Berufen zu der falschen Annahme, dass die Leistungen der Heilpädagogen generell nichts mit der Umsatzsteuer zu tun hätten. Schließlich ist man für Erkrankte tätig und das Geld kommt von einer Behörde, so die falsche Schlussfolgerung. Ein im Jahre 2007 ergangenes Urteil des BFH zeigt auf, dass die Dinge nicht so einfach liegen wie es den ersten Anschein hat, denn

1. Erste unbedingte Voraussetzung für eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlungstätigkeit, ist selbstverständlich das Vorliegen der staatlich geregelten Berufsqualifikationen als „Heilpädagoge“, denn auch eine heilende Leistung jedoch ohne staatlich geregelte Qualifikation als Heilberufler kann nie zu umsatzsteuerfreien Honoraren aus solchen Leistungen führen !

2. Zweite unbedingte Voraussetzung ist, dass bei vorliegender Qualifikation tatsächlich Heilbehandlungen durchgeführt und bezahlt werden. Heilbehandlungen definiert der BFH als Tätigkeit, die zum Zwecke der Vorbeugung, der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen für bestimmte Patienten ausgeführt wird.

Achtung insbesondere die Voraussetzung Nr.2 sollte durchaus aufmerksam studiert werden. Stellt sich die heilpädagogische Tätigkeit nämlich als „nichtmedizinische“ Hilfen im Bereich der Lebensführung des Patienten darstellen im Zusammenhang mit der Wiedereingliederung von psychisch erkrankten aber „stabilen“ Patienten in ein selbständiges Leben, ist Nr.2 nicht mehr gegeben, so dass die Honorare für diese Leistungen nach dem Jahr des Überschreitens der Kleinunternehmerschwelle umsatzsteuerpflichtig werden !! Sollte der Heilpädagoge solche nicht unter Nr.2 fallenden Aufträge bekommen, muss er bei der Kalkulation seines Honorars berücksichtigen, dass ihm aus 100 Euro Honorar, gerade 84 Euro verbleiben. Da in der Regel wenig mit Vorsteuer behaftete Kosten im Gegenzug entstehen, führt die Umsatzsteuerpflicht so zwangsläufig zu empfindlichen Einkommenseinbußen. Da häufig die Auftraggeber selbst jedoch nicht umsatzsteuerpflichtig sind, drückt selbstverständlich auch diese eine mit der Umsatzsteuer begründete zusätzliche Honorarforderung. Man sollte die Lösung in der Mitte suchen. Vorsichtig sein sollte man jedoch mit den vermeintlichen Grundsätzen: „Die anderen machen das auch alle so!“ oder „Es ist noch immer gut gegangen!“ . Das Urteil des BFH ist gerade mal zwei Jährchen alt und die Finanzverwaltung braucht manchmal einige Zeit bis sie eine bestimmte Steuerpraxis die sie für falsch hält wahrnimmt und sie braucht nochmal einige Zeit bis sie erkennt, dass genügend Fallzahlen zustande kommen. Das Finanzamt hat dann aber kein Problem,  dann so ein Thema zum Prüfungsschwerpunkt im Rahmen der Veranlagung zu machen und schon steht man unvorbereitet vor erheblichen Umsatzsteuernachforderungen.

legaler Tipp: Die eventuell umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen im Laufe des Jahres genau nachhalten. Erkennt man Ende Oktober, dass die Kleinunternehmergrenze  von 17.500 € knapp überschritten wird, sollte man die Honorarrechnungen zögerlicher schreiben werden oder den Fälligkeitszeitpunkt in das neue Jahre verlegen, wenn man dadurch erreichen kann, dass die Einnahmen unter dieser Grenze gehalten werden. Dann hat man zumindest für ein Jahr wieder Ruhe vor der Umsatzsteuer, selbst wenn dann im Folgejahr deutlich über 17.500 € liegende umsatzsteuerpflichtige Einnahmen erzielt werden.

Über die Schilderung eigener praktischer Fragen zu der Thematik bin ich dankbar.Bei offenen Fragen zu diesem Thema helfen ich gerne weiter.